In der blühenden Audio-Landschaft sind Podcast-Interviews so verbreitet wie die typische Begrüßung "Willkommen zur neuen Episode von...". Sie erscheinen als fester Bestandteil der Podcast-Kultur, und viele Podcast-Hosts sehen sie als nützliches Werkzeug, um spannende Persönlichkeiten und ihre Geschichten in ihre Sendungen einzubringen.
Wenn ich beginne, mit Podcastern und Podcasterinnen an ihren Shows zu arbeiten, starten wir oft mit sogenannten "Breakthrough Sessions".
In diesen Sitzungen diskutieren wir eine Vielzahl von Aspekten rund ums Podcasten - und ja, Interviews sind ein Thema, das immer wieder aufkommt.
Jetzt kommt allerdings der unromantische Teil, der viele meiner Gesprächspartner überrascht: Ich bin tatsächlich kein großer Fan von Interviews in Podcasts. Diese Aussage könnte dich ins Staunen versetzen. Schließlich scheinen Interviews ein integraler Bestandteil der Podcast-Welt zu sein, oder?
Meine Perspektive auf Interviews ist allerdings etwas nuancierter. Ich würde sogar so weit gehen zu behaupten, dass sie gelegentlich kontraproduktiv für die Geschäftsziele sein können, die ein Podcaster verfolgt.
Jetzt fragst du dich bestimmt: "Warum denkt er das und was könnte so problematisch an Interviews sein?"
Lasst uns das zusammen etwas genauer unter die Lupe nehmen.
Oft mangelt es Interviews in Podcasts an der nötigen handwerklichen Sorgfalt, was ihre potenzielle Wirksamkeit begrenzt. Anstatt strukturierten und zielgerichteten Dialogen begegnen wir nur zu oft lockeren Plauderrunden. Oder noch schlimmer: einer Abfolge von Fragen, die der Gast nach Lust und Laune - und manchmal scheinbar endlos - beantworten kann.
Obwohl solche Konversationen durchaus unterhaltsam sein können, gelingt es ihnen selten, tiefgründige Inhalte zu vermitteln oder den Gastgeber als Fachexperten zu positionieren. Tatsächlich neigen sie dazu, das Personal Branding des Gastes zu fördern, da dieser die meiste Sendezeit für sich beansprucht und ausführlich von sich erzählen kann. Der Gastgeber tritt dabei oft in den Hintergrund und lässt eine wertvolle Gelegenheit zur Profilierung ungenutzt.
Das ist besonders problematisch für diejenigen, die sich in der Aufbauphase ihres Expertenstatus befinden. In dieser Phase sind andere Formate, wie beispielsweise Solo-Episoden, meist vorteilhafter. Solche Episoden erlauben es dem Host, seine Expertise und Persönlichkeit breit und tiefgehend darzustellen und dabei die gesamte Aufmerksamkeit des Publikums auf sich zu ziehen. Im Gegensatz zu Interviews, in denen der Fokus oft auf dem Gast liegt, bieten Solo-Episoden dem Host eine Bühne, um sein Wissen, seine Sichtweisen und Perspektiven zu teilen und so eine starke und authentische Markenidentität aufzubauen.
Trotz aller genannten Herausforderungen sind Interviews in Podcasts keineswegs grundsätzlich abzulehnen. Tatsächlich können sie, wenn sie wohlüberlegt und gut ausgeführt werden, erheblichen Mehrwert für die Show und das Publikum bieten.
Ein entscheidender Vorteil von Interviews liegt im Bereich des strategischen Networkings. Sie können als effektives Werkzeug dienen, um Beziehungen zu Schlüsselpersonen und Experten in deinem Fachgebiet aufzubauen und zu festigen. Dieses Networking kann dir helfen, im Gespräch mit interessanten Persönlichkeiten zu bleiben und deine Reichweite zu erweitern. Aber um wirklich effektiv zu sein, muss das Interview gut durchgeführt sein und Fragen beinhalten, die der Gast nicht schon hundertmal beantwortet hat.
Darüber hinaus können Interviews ein nützliches Mittel sein, um Einblicke in angrenzende Bereiche deines Fachgebiets zu gewähren. Manchmal gibt es Experten oder Perspektiven, die eine neue Facette zu deinem Thema hinzufügen können, die du alleine vielleicht nicht beleuchten könntest. In solchen Fällen bietet ein Interview eine hervorragende Gelegenheit, dein Publikum mit neuen und ergänzenden Sichtweisen zu bereichern.
Ein wichtiges Detail dabei ist, dass das Interview auf Augenhöhe stattfinden sollte. Es sollte mehr sein als nur ein Frage-Antwort-Spiel. Vielmehr sollte es ein unterhaltsamer und informativer Fachdialog sein. Durch diesen Ansatz fühlen sich die Hörer eher als Teil des Gesprächs und das Engagement kann entsprechend steigen.
Am Ende geht es nicht darum, Interviews grundsätzlich zu meiden, sondern sie gezielt und wirkungsvoll einzusetzen, um den größtmöglichen Nutzen daraus zu ziehen.
Um Missverständnisse zu vermeiden: Meine Einstellung soll keineswegs als generelle Abneigung gegen Interviews in Podcasts verstanden werden. Tatsächlich sehe ich sie als wertvolle Werkzeuge an, vorausgesetzt, sie werden mit Bedacht und im richtigen Kontext eingesetzt.
Am Anfang deiner Podcast-Reise, wenn du versuchst, deinen Expertenstatus aufzubauen und deiner Marke eine Stimme zu geben, können Solo-Episoden ein unschätzbares Instrument sein. Sie bieten dir eine Bühne, auf der du deine einzigartige Stimme und dein Fachwissen hervorheben kannst, um deine Marke mit Authentizität und Persönlichkeit zu füllen.
Mit der Zeit, wenn Networking und die Expansion deiner Reichweite an Bedeutung gewinnen, können Interviews deinem Podcast eine neue Dimension verleihen. Sie öffnen Türen, um Beziehungen zu einflussreichen Personen in deinem Bereich zu knüpfen und deinem Publikum neue, aufregende Perspektiven zu bieten.
Der Schlüssel zum Erfolg liegt also nicht darin, Interviews zu vermeiden, sondern sie mit Überlegung und strategischem Geschick einzusetzen. Jedes Format hat seine eigenen Stärken und kann, wenn es passend genutzt wird, deinen Podcast auf eine neue Ebene heben.
Es ist daher eine strategische und vor allem auch persönliche Entscheidung, welches Format du zu welchem Zeitpunkt in deiner Podcast-Reise einsetzt. Denn letztendlich kann genau diese Entscheidung den Unterschied ausmachen und das Wachstum und den Erfolg deiner Show entscheidend beeinflussen.
Folge deinem Herzen UND deiner Strategie, vertraue auf dein Bauchgefühl und wähle das Format, das am besten zu dir und deinen Zielen passt.
Was denkst du?